Über den Tod

 

Der Mensch, so ein Körper, das ist die am perfektesten konstruierte Überlebensmaschine auf der Welt. Mehrere Regelkreise greifen abgestimmt ineinander, ich zweifle, ob wir jemals begreifen können, wie das funktioniert. Wir hatten vor, erneut nach Dresden zu fahren in das Hygienemuseum, wir hätten zwei Tage gebraucht. Die gläserne Frau und die gläserne Zelle – noch heute würden wir darüber staunen.

 

Dieser perfekte Körper trägt ein entscheidendes Manko in sich, das Haltbarkeitsdatum. Der Leib verwittert, altert und stirbt. Der eine eher, die andere später, das Ergebnis ist das gleiche. Das ist ein Fakt, den keiner wahrhaben will. Hatte ich deinen Tod kommen sehen? Bis zum Ende hatte ich an deinen Weg geglaubt! Und der Blick auf die Grabsteine zeigt, dass die mutmaßlich Wissenden trotz Schlauheit keine Minute älter werden als der Durchschnitt. Der Seitenhieb sei gestattet, die Welt ist voll mit Besserwissern.

 

Zurück zu dir: In gesunden Zeiten atmetest du etwa doppelt so schnell wie ich, alles im Normalbereich. Hingegen war dein Ruhepuls etwas niedriger als der meine, ebenso Normalbereich. In deinen letzten Wochen passierte es, dass deine Atemfrequenz kontinuierlich herunter ging, als würde sich dein Körper langsam auf den Tod vorbereiten. Das war sehr belastend, aber irgendwas muss sich der Schöpfer dabei gedacht haben.

 

Vor elf Monaten atmetest du halb so schnell wie ich, verglichen mit vormals, sank dein Atem – Puls um den Faktor vier. Natürlich hatte ich das mitbekommen!

 

Am 6. November lagen wir 8:00 Uhr im Bett, ich spürte deinen schwachen Puls, ich döste noch einmal ein, deinen Kopf hattest du zu mir gedreht. Um 9:15 Uhr schaltete der Körper aus.

 

Ohne dass die Kinder dagewesen wären, hättest du nicht losgelassen.